Anhebung der Sonderaltersgrenze für Beamte des Einsatzdienstes bei der Feuerwehr MdL Hagen Kluck informiert sich bei der Berufsfeuerwehr Reutlingen
Anlässlich der Hauptversammlung der Feuerwehr Reutlingen fand Stadtbranddirektor Harald Herrmann kritische Worte zur Dienstrechtsreform des Landes. Er lud den Reutlinger Landtagsabgeordneten und Stadtrat, Hagen Kluck, der gleichzeitig innenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion ist, zu einer Dienstschicht bei "seiner" Feuerwehr nach Reutlingen ein, um sich selbst ein Bild über die enormen physischen und psychischen Belastungen der Männer und Frauen im Einsatzdienst zu machen.
Herr MdL Hagen Kluck hat diese Einladung angenommen und am 2. Juni 2010 die Wachabteilung A der Berufsfeuerwehr bei ihrem Dienst begleitet. Herr MdL Hagen Kluck konnte sich selbst ein Bild von den physischen und pyschischen Belastungen des Feuerwehrdienstes machen. Er hat in dieser Dienstschicht aktiv am Dienstsport, an 2 Übungen und an einem Einsatz teilgenommen. Auch Frau Oberbürgermeisterin Barbara Bosch besuchte Herrn Kluck in der Mittagszeit auf der Feuerwache und erkundigte sich nach seinen gemachten Erfahrungen und Eindrücken.
Hagen Kluck äußerte sich am Ende seines Dienstes überrascht über die hohen Anforderungen des Feuerwehrdienstes. Insbesondere sei er überrascht von der ausgeklügelten Organisation der Feuerwehr, der klaren Strukturen, vom Kameradschaftsgeist und des "Aufeinander angewiesen seins" gewesen. Trotz seiner Tätigkeit als Stadtrat, in der er die Feuerwehr Reutlingen bereits seit Jahrzehnten begleite, hätte er diese Zusammenhänge so im Detail noch nie gesehen.
Zur Dienstrechtsreform sagte MdL Kluck, er könne zwar nichts versprechen, wollte sich jedoch dafür verwenden, dass mit dem Koalitionspartner eine Kompromislösung angestrebt werde, dass die Einsatzbeamten, die rd. 41,5 Dienstjahre erreicht hätten, auf eigenen Antrag ohne Abschläge in den Ruhestand gehen könnten. Stadtbranddirektor Harald Herrmann bedankte sich bei Herrn Kluck, dass er sich vor Ort kundig und alle Tätigkeiten des Feuerwehralltages mitgemacht hätte. Für dieses Engagement ernannte Herrmann den Landtagsabgeordneten zum Ehrenfeuerwehrmann der Berfusfeuerwehr.
Weiterer Hintergrund:
Die Lebensarbeitszeit der Einsatzbeamten in der Feuerwehr soll im Rahmen der Dienstrechtsreform des Landes Baden-Württemberg von 60 auf 62 Jahre angehoben werden. Feuerwehrkommandant Herrmann hält dies für nicht leistbar. Alle medizinischen Studien und die Erfahrung, so auch in Reutlingen, sprechen dagegen. Vor allem, weil die Feuerwehrleute eine verlängerte Arbeitszeit haben, Schichtdienst leisten, im Dienst erheblichen Belastungen durch Hitze, Feuer und Rauch ausgesetzt sind und ab dem 50. Lebensjahr sogar jährlich ihre körperliche Fitness und ihre Leistungsfähigkeit über die arbeitsmedizinische Untersuchung nach Grundsatz G 26 (Atemschutztauglichkeit) nachweisen müssen. Zudem sind die Löschzugstärken in den letzten Jahren von früher 22 Mann auf heute 10-12 Mann reduziert worden. In Reutlingen ist der Löschzug tagsüber mit 11 Einsatzkräften, bei Nacht mit 9 Kräften besetzt. Die hohen physischen und psychischen Belastungen - die sich aus dem Schicht- und Einsatzdienst ergeben - werden heute bereits von vielen Feuerwehrangehörigen zwischen 55 und 60 Jahren nicht mehr erfüllt.
Daher sollten Feuerwehrleute mit 62 Jahren nicht mehr unter Atemschutz zur Menschenrettung in ein brennendes Gebäude geschickt werden müssen. Mit der Anhebung der Sonderaltersgrenze für Einsatzkräfte der Feuerwehr wird aus Sicht des Reutlinger Feuerwehrkommandanten, auch der Sicherheitsstandard in den Städten deutlich abgesenkt. Die Erfahrungen seit Einrichtung der Berufsfeuerwehr in Reutlingen zeigte, dass 3 von 4 Mitarbeiter der Berufsfeuerwehr die jetzige Dienstaltersgrenze nicht bei voller Leistungsfähigkeit erreichten. In zwei Fällen konnten die Mitarbeiter erfolgreich im Rathaus untergebracht werden.
In Einzelfällen wird die Unterbringung von Berufsfeuerwehrangehörigen innerhalb der Stadtverwaltung auch weiterhin gelingen können. Aufgrund des bei der Stadtverwaltung vorgenommenen Stellenabbaues in den vergangenen Jahren wird dies jedoch zusehens schwieriger werden. Könnten die Feuerwehrleute nicht innerhalb der Stadtverwaltung untergebracht werden - was aufgrund der speziellen Feuerwehrlaufbahn nicht einfach ist - so hätten die Feuerwehrleute erhebliche Abschläge in ihrer Versorgung hinzunehmen.
Die Feuerwehr unterscheidet sich in von anderen Laufbahnen dahingehend, dass bei den kommunalen Berufsfeuerwehren für rund 80 % der Mitarbeiter die Lebensarbeitszeit im mittleren feuerwehrtechnischen mittleren Dienst (in den Besoldungsgruppen A 7 - A 9) beginnt und auch endet. Der Dienst ist zudem dadurch gekennzeichnet, dass fast alle Mitarbeiter der Feuerwehr zu der operativen Dienstleistung, also der "kämpfenden" Truppen in den Funktionen Truppmann, Truppführer, Fahrzeugführer oder Gruppenführer gehören. Die Mitarbeiter des gehobenen (ca. 18 %) und höheren Dienstes (1,2 %) versehen zwar einen hohen Anteil von Bürotätigkeiten, leisten jedoch in Führungsfunktionenals Einsatzleiter knapp 50 % Einsatztätigkeiten und sind somit dem operativen Dienst mit dem gleichen körperlichen Anforderungsprofil der Beamten im Einsatzdienst zuzuordnen.
Innendienststellen, wie sie beispielsweise bei der Polizei aufgrund der Präventions- und Ermittlungsarbeit sowie in der reinen Administration (Führungsaufgaben in den Direktionen und Präsiden) vorhanden sind, gibt es bei der Feuerwehr nicht. Die von der Landesregierung angestrebte Gleichbehandlung der Tätigkeiten der Polizei und der Feuerwehr ist daher nicht durchgängig vergleichbar. Die von Bayern angestrebte Lösung, dass die Einsatzbeamten der Feuerwehr mit Vollendung des 60. Lebensjahres nach mind. 20 Jahren Einsatzdienst (Schichtdienst) abschlagsfrei in den Ruhestand versetzt werden könnten, oder die Versetzung in den Ruhestand mit 60 Jahren nach 40 vollendeten Dienstjahren wäre aus der Sicht der Reutlinger Feuerwehr ein anzustrebender Kompromiss.