LEUTE - Mit Fachwissen und Format hat Hans-Peter Merker für die Feuerwehren im Landkreis eine wichtige Rolle gespielt
»Das Menschliche dominiert alles«
Von Christine Dewald
HOHENSTEIN/REUTLINGEN. Die Technik ist nur das eine, und noch nicht einmal das Wichtigste. Damit ein Feuerwehr-Einsatz gut und richtig läuft, braucht es klare Entscheidungsstrukturen, solide ausgebildete Wehrleute, ein Vertrauensverhältnis zwischen Mannschaft und Führung.
Hans-Peter Merker in einer Lagebesprechung bei einem Tanklastzug-Unfall auf der B 312. FOTO: Jürgen Meyer
Hans-Peter Merker in einer Lagebesprechung bei einem Tanklastzug-Unfall auf der B 312. FOTO: Jürgen Meyer
Deshalb hat sich Hans-Peter Merker um die sozialen Komponenten immer mindestens ebenso sehr gekümmert wie um die technischen: »Ich bin als Technokrat zur Feuerwehr, habe aber schnell gemerkt, dass das Menschliche eigentlich alles dominiert.«
Mit Fachwissen und Format hat Merker für die Feuerwehren im Landkreis seit über zwei Jahrzehnten eine wichtige Rolle gespielt. Seit Anfang 1987 führt er den Kreisfeuerwehrverband Reutlingen, hat durch seine Mitarbeit in zahlreichen Arbeitskreisen und Gremien auf Landes- und Bundesebene immer wieder fachliche Impulse in die Region gebracht. Gleichzeitig haben Merkers kommunikative Fähigkeiten ihn selbst zu einer Art Feuerwehr gemacht, die vermittelnd und moderierend überall dort in den Einsatz geht, wo in den Abteilungen Feuer unterm Dach ist.
In seiner Verbandsversammlung Mitte März wird der Kreisfeuerwehrverband einen neuen Vorsitzenden wählen. Seinen Posten als Kommandant der Feuerwehr Hohenstein - den er 1982 noch als Feuerwehr-»Greenhorn« angetreten hatte - hat Hans-Peter Merker wegen Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze vor Kurzem schon abgegeben. Als Fachberater wird sich Merker für die Hohensteiner Feuerwehr weiter engagieren. Und auch auf Kreisebene hat er vor, zu einzelnen Themen weiter mitzuarbeiten.
»Ich habe mir meine Technik immer wieder ein bisschen freischaufeln müssen.« Denn eine Feuerwehr-Führungskraft zu sein, bringt auch viele menschlichen Herausforderungen. Das liegt nicht zuletzt an der besonderen Struktur der freiwilligen Löschtruppen. Sie sind demokratisch organisierte Einheiten, in denen der Kommandant gewählt wird, in denen jedes Mitglied das gleiche Recht auf Mitsprache und Mitbestimmung hat. Sobald aber die Feuerwehr in den Einsatz geht, wird sie zur hierarchisch strukturierten Truppe, in der es Führungskräfte und Befehlsempfänger gibt. Diskussionen über das richtige Vorgehen sind im Ernstfall natürlich vollkommen fehl am Platz.
»Der Dialog darf nicht durch die Hierarchie abgelöst werden«, findet es Merker wichtig, trotzdem Raum zur Diskussion zu bieten. Nach dem Einsatz sollten Kommandanten und andere Führungskräfte ganz bewusst ein Forum schaffen, das Gespräch und auch Kritik erlaubt. Das - ist seine Erfahrung - kann das gegenseitige Vertrauen zwischen Kommandant und Mannschaft nur stärken.
Die für ihn so wichtige »Kultur des Miteinanders« hat Hans-Peter Merker aber nicht nur innerhalb der Feuerwehr hochgehalten. Auch nach außen, mit den für die örtlichen Feuerwehren so wichtigen Partnern in der Kommunalpolitik, pflegt er einen moderaten, den Konsens suchenden Gesprächsstil.
»Die ganz gravierende Schwäche der Feuerwehr ist, dass der Prozentsatz der Frauen zu gering ist«
Der langjährige Feuerwehr-Kommandant hält nichts davon, Gemeinderäte und Kommunalverwaltungen mit Maximalforderungen (»wir wollen unsere Drehleiter!«) und Ultimaten unter Druck zu setzen. Schließlich ist die Löschtruppe ein Teil der Gemeinde. Im Verteilungskampf um kommunale Finanzmittel die Feuerwehr gegen den Kindergarten aufzurechnen, schade nur.
Viel lieber sind Merker fantasievolle Lösungen, die die hohen technischen Anforderungen an eine moderne, schlagkräftige Wehr mit den begrenzten Ressourcen der Städte und Gemeinden in Einklang bringen. Bestes Beispiel ist das Kooperationsmodell der Feuerwehren auf der Alb, das von Hohenstein, Engstingen und Trochtelfingen auf Sonnenbühl, Pfronstetten und Gammertingen ausgedehnt worden ist. Die Abteilungen helfen sich aus mit Geräten und Mannschaft. Gemeinsam können sie einen Standard bieten, der für eine Feuerwehr allein undenkbar wäre. Die Zusammenarbeit bei Anschaffungen, bei der Aus- und Weiterbildung nützt allen.
Von der improvisierten »Bauern-Feuerwehr« früherer Zeiten sind auch die ländlichen Abteilungen heute meilenweit entfernt. Feuerwehren arbeiten flächendeckend professionell und mit vergleichbarem Standard, was ans Personal hohe Anforderungen stellt. Dabei zu sein ist in diesem Fall nicht alles: »Das ist eine Hilfs- und Schutzaufgabe, die mehr fordert als bloße Anwesenheit.«
So zufrieden Hans-Peter Merker mit der Entwicklung der Feuerwehren im Kreis auch ist, etwas könnte seiner Ansicht nach deutlich besser werden: »Die ganz gravierende Schwäche der Feuerwehr ist, dass der Prozentsatz der Frauen zu gering ist.« Die weiblichen Feuerwehrleute dürften nicht zum Notnagel werden, wenn durch die demografische Entwicklung Männer fehlen. (GEA)