Berufsfeuerwehr - Hagen Kluck macht sich vor Ort selbst ein Bild von den harten Arbeitsbedingungen der Beamten
»Allein geht gar nichts«
Von Carina Stefak
REUTLINGEN. Hitze, Rauch und Feuer, hohe körperliche und psychische Anstrengungen und dazu der Schichtbetrieb - das schlaucht. Feuerwehrbeamte machen einen harten Job, und das über viele Jahre hinweg. Mit 60 gehen sie für gewöhnlich in den Ruhestand. Das soll sich nun ändern. Das Dienstlebensalter soll auf 62 angehoben werden. So wird es derzeit im Landtag diskutiert. Den Feuerwehrleuten schmeckt dieser Plan gar nicht.
Denn die körperlichen Belastungen sind enorm. Und mit zunehmendem Alter immer schwieriger zu meistern.
Wie schwierig, davon hat sich Hagen Kluck, Reutlinger Landtagsabgeordneter und innenpolitischer Sprecher der FPD-Fraktion, selbst ein Bild gemacht. Er war der Einladung des Reutlinger Feuerwehrkommandanten Harald Herrmann gefolgt - und schaffte eine Dienstschicht lang mit den Beamten mit. Schon um sieben Uhr ging's los. »So früh bin ich selten im Dienst«, erklärt Kluck. Erster Tagesordnungspunkt: Frühsport. »Eine schweißtreibende Angelegenheit.«
Lob für straffe Abläufe Trotz Antrengung überwiegt aber bei Kluck die Begeisterung für dieses Abenteuer, gewinnt man den Eindruck. »Ich bin fasziniert, wie reibungslos das alles hier abläuft«, lobt der Politiker die »ausgeklügelte Organisation« bei der Reutlinger Berufsfeuerwehr. »Alles ist vor Schichtbeginn vorbereitet, jeder weiß was er zu tun hat, jeder Handgriff sitzt.« Teamwork zählt und schnell wird Kluck klar: »Allein geht hier gar nichts.«
Im Laufe des Tages sieht er sich die Werkstatt an, nimmt an Besprechungen teil und darf sogar einen echten Einsatz begleiten. Kluck absolviert eine Brandschutzübung und eine, bei der eine Person aus einem Fahrzeug geschnitten wird. Nun hat der 66-Jährige eine Ahnung davon, wie schwer ein Atemschutzapparat sein kann und dass ein sogenannter Spreizer, mit dem man das Fahrzeug bearbeitet, schlappe 33 Kilo auf die Waage bringt. Als Nichtfeuerwehrmann komme man da »schnell an seine körperliche Grenze«, sagt er. Dass es aber keinen echten Grund zur Sorge gibt, darüber vergewissert sich sogar die oberste Chefin der Truppe: In der Mittagspause gibt's ein B'süchle von der Oberbürgermeisterin. »Frau Bosch hat sich davon überzeugt, dass ich noch lebe«, sagt Kluck schmunzelnd.
Trotz jeder Menge Humor beim Pressegespräch - die Ernsthaftigkeit des Themas ist unbestritten: Herrmann ist überzeugt, dass mit der steigenden Altersgrenze neben der Belastbarkeit auch die Sicherheit in den Städten sinken könnte.
Belastung zu groß - und dann? Zwei Jahre länger arbeiten, »ich halte das für nicht leistbar«, erklärt Herrmann. »Wir erkennen an, dass jede Berufsgruppe ihren Beitrag bringen muss, aber bei uns werden nicht viele die 62 erreichen.« Schon jetzt schaffen drei von vier Mitarbeitern der Berufsfeuerwehr die Dienstaltersgrenze von 60 nicht bei voller Leistungsfähigkeit. Wie soll das erst werden, wenn sie künftig bis 62 arbeiten müssen?
Und wohin dann mit denen, die den körperlichen Anforderungen der Berufsfeuerwehr nicht mehr gewachsen sind? Anders als bei der Polizei gibt es bei der Feuerwehr keine Stellen im Innendienst. 80 Prozent der Beamten zählen zu der »kämpfenden« Truppe und sind mitten im Geschehen. Und auch die Mitarbeiter im gehobenen und höheren Dienst, die die restlichen 20 Prozent ausmachen, sind neben ihren Bürotätigkeiten fast die Hälfte ihrer Arbeitszeit bei Einsätzen und löschen, helfen, retten.
Was also tun? Bei der Stadtverwaltung kommen sie nur schwer unter. Erstens sind die Beamten dafür nicht ausgebildet, müssten also umgeschult werden. Zudem ist es wahrscheinlicher, dass die Kommune eher Personal abzubauen versucht, als zusätzliches zu übernehmen. Wenn die Feuerwehrleute also nirgends untergebracht werden können, müssen sie früher in Pension gehen und somit erhebliche Abschläge in ihrer Versorgung hinnehmen. Die Diskussionen mit dem Koalitionspartner laufen noch, so Hagen Kluck. Einfach sei die Sache also nicht, aber: »Wir bleiben dran!« (GEA)