Kreisfeuerwehrverband Reutlingen

Suchergebnis löschen

Rettung eines verunglückten Höhlenforschers aus der Falkensteiner Höhle

Einsatz der Feuerwehren Grabenstetten und Bad UrachHöhlenrettung am von Harald Herrmann Stv. Kreisbrandmeister

Einsatzort: Falkensteiner Höhle

Die Falkensteiner Höhle liegt in Baden-Württemberg auf der Schwäbischen Alb zwischen Grabenstetten und Bad Urach. Sie ist eine aktive Wasserhöhle, d. h. die Niederschläge sickern durch den Karst der Albhochfläche, sammeln sich in wasserführenden Spalten und Gängen und gelangen durch die Höhle ins Freie. Die Wasser der Höhle bilden die Quelle der Elsach.
Da die Falkensteiner Höhle eine aktive wasserführende Höhle ist, erfordert eine Befahrung spezielle Ausrüstung. Der Wasserstand in der Höhle kann sehr rasch auf Grund der Wetterlage (Schneeschmelze, starker Regen) ansteigen. Daher ist es unbedingt erforderlich, vor der Befahrung die Wettersituation zu berücksichtigen.


Allgemeine Lage

Die Falkensteiner Höhle ist mit ca. 5 km eine der längsten Höhlen der Schwäbischen Alb.
Ausgangspunkt für den Besuch dieser Höhle ist der Parkplatz mit Notruftelefon an einer scharfen Kurve der Landesstraße L 211 zwischen Grabenstetten und Bad Urach.

Von dort sind es noch ca. 300 m Fußweg an der Elsach entlang, die aus der Falkensteiner Höhle entspringt, bis man das imposante Höhlenportal erreicht.

Vom Höhlenportal aus führt die Höhle ca. 450 m in den Berg hinein. Dort liegt der erste Siphon (= Wasser berührt die Höhlendecke) der Höhle. Ca. 100 m hinter dem 1. Siphon liegt dann die „Reutlinger Halle“.

Gefahren

Die große Gefahr dieser aktiven Wasserhöhle ist der Anstieg des Wasserspiegels. Nach starken Regenfällen oder bei Tauwetter schließt sich der erste Siphon und kann nicht mehr sicher ohne Tauchausrüstung befahren werden, der Rückweg ist dann über mehrere Meter wasserüberflutet.
Bei sehr starkem Regen kommt es sogar am Eingang „Demutschluf“ zu einer weiteren Siphonbildung. Der bei niedrigem Wasserstand sehr weit geöffnete „Demutschluf“ kann dann nicht mehr ohne Tauchausrüstung überwunden werden. So hat es schon wiederholt Hochwassereinschlüsse gegeben. Der breiten Öffentlichkeit bekannt wurde ein Einschluss 1964, als vier Studenten erst nach 66 Stunden durch Höhlentaucher gerettet werden konnten.


Lage am Sonntag 14.06.2015

Die Höhlenrettung Baden-Württemberg führte am 14. Juni 2015 ab 08.30 Uhr eine Übung an der Falkensteiner Höhle durch. Die Gruppe aus ca. 14 erfahrenen Höhlentauchern stiegen gegen 09.00 Uhr in die Höhle ein. Diese Gruppe drang ca. 2 km in die Höhle bis zur „Benisch- Halle“ vor.
Eine 2. Gruppe eines „gewerblichen Veranstalters“ stieg gegen 10.30 Uhr mit 6 Personen (2 Führern und 4 Kunden) in die Höhle ein. Diese Gruppe arbeitete sich bis zur „Reutlinger Halle“ vor.

Unfall / Ereignis

Gegen 13.00 Uhr stürzte aus der 2. Gruppe (Gewerblicher Veranstalter) ein ca. 60-jähriger, erfahrener Höhlenforscher/Taucher auf der Höhe der Reutlinger Halle (ca. 1 km vom Höhlenportal entfernt) und brach sich dabei
den Oberarm. Mit betroffen war auch die Schulter (Schulterluxation ??)
Die 1. Gruppe der Höhlenretter hatte keine Kenntnis von der 2. Gruppe und vom Unfall.


Alarmierung

Die 2. Gruppe versorgte den verunfallten so gut es ging und schickte einen Trupp zur Alarmierung der Rettungskräfte zum Höhlenportal zurück.
Gegen 14.00 Uhr erreichte der Trupp das Höhlenportal und veranlasste die Alarmierung der Höhlenrettung Baden-Württemberg über die Leitstelle Esslingen.
Um 14.05 Uhr wurde die Integrierte Leitstelle Reutlingen von der Leitstelle Esslingen über den Unfall in der Falkensteiner Höhle informiert. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass eine Unterstützung der BF Reutlingen mit Material aus dem Materialdepot der Feuerwache Reutlingen nicht notwendig sei, da die Höhlenretter bei einer Übung vor Ort seien.
Der Einsatzleiter der Höhlenrettung Baden-Württemberg, Herr Matthias Leyk, hatte Kenntnis von der Übung und wusste, dass sich viele Höhlenretter in der Höhle befanden. Die Kommunikation in der Höhle war jedoch sehr schwierig.
Nachdem sich die 1. Gruppe der Höhlenretter von der „Bänisch-Halle“ auf den Rückweg gemacht hatten, trafen sie auf die 2. Gruppe mit der Verletzten Person.


Eintreffen an der Einsatzstelle

Um 14.16 Uhr wurde ein Notarzt zur Beratung an die Einsatzstelle entsandt; gleichfalls informierte die Leitstelle Reutlingen den Einsatzleitungsdienst der Berufsfeuerwehr und den diensthabenden Stv. Kreisbrandmeister.
Vom Stv. Kreisbrandmeister wurde die Leitstelle angewiesen, die Feuerwehr Grabenstetten mit ihrem Kommandanten und den Bürgermeister zu verständigen und an die Einsatzstelle zu entsenden.
Kommandant Andreas Müller war mit dem MTW an der Einsatzstelle; Bürgermeister Steidl traf gegen 16.30 Uhr an der Einsatzstelle ein.
Um 14.45 Uhr trafen die ersten Höhlenretter an der Falkensteiner Höhle ein. Gegen 15.00 Uhr stiegen die ersten Retter in die Höhle ein.

In der Folge wurde ebenso die Bergwacht Bad Urach und der ORGL des Rettungsdienstes alarmiert.
Zudem wurden ca. 30 Höhlenretter aus dem ganzen Land Baden- Württemberg alarmiert. Diese Maßnahme wurde getroffen, da unklar war, ob bei einem einsetzenden Starkregen die Höhle überhaupt noch passierbar gewesen wäre. Die verletzte Person hatte in diesem Falle für längere Zeit in der Höhle verbleiben und betreut werden müssen.
Die nachalarmierten Höhlenretter trafen im Laufe des Nachmittags und bis zum späten Abend an der Höhle ein.

Einsatzverlauf

Der Patient wurde in der Höhle versorgt und in einem Wärmezelt untergebracht. Es wurde eine Kommunikationsverbindung über Höhlenfunk und eine Drahtverbindung aufgebaut. Nachdem ein Anästhesiepfleger und ein Arzt mit vor Ort waren, konnte der Notarzt von außen eine Medikamentengabe beraten und anordnen.
Nachdem es sich abzeichnete, dass die Rettung noch bis in die Nacht hinein andauern würde, wurde die Freiw. Feuerwehr Grabenstetten mit dem LF 8/6 und dem TSF-W zur Ausleuchtung des Höhlenportals und des Fußweges zum Parkplatz alarmiert.
Gegen 20.45 Uhr waren die Vorbereitungen zur Rettung abgeschlossen und konnte mit dem Rücktransport aus der Höhle begonnen werden.
Die Leitstelle informierte gegen 20.45 Uhr den Stv. Kreisbrandmeister über den Stand des Rettungseinsatzes. Diese wiederum informierte um 20.56 Uhr den Landrat, den zuständige Dezernenten für den Brand- und Katastrophen- schutz im Landkreis und den Kreisbrandmeister über SMS über die Lage.
Nachdem Unklar war, ob der Patient durch den ca. 8 m langen 1. Siphon ohne Tauchgerät gebracht werden konnte, wurde bei der Feuerwehr Bad Urach um ein Überdruckgerät mit Vollmaske nachgefragt.
Die Feuerwehr Bad Urach hatte ein Schachtrettungsgerät (Atemschutzgerät mit Vollmaske und ca. 20 m Mitteldruckleitung bis zum Lungenautomat) bereitgestellt. Dieses kam jedoch nicht zum Einsatz!
Aufgrund einer Anfrage des Landesbranddirektors und der Lagemeldung der Leitstelle, rückte der diensthabende Stellvertretende Kreisbrandmeister um 22.20 zur Einsatzstelle aus.
Um 22.25 Uhr konnte der 1. Siphon mit dem Patienten ohne Probleme passiert werden. Zu diesem Zeitpunkt wurde der RTW aus Bad Urach wieder zur Einsatzstelle entsandt.

Um 23.33 Uhr trafen die Retter mit dem Patienten am Höhlenportal ein und konnten den Verletzten an die Bergwacht und Feuerwehr übergeben. Diese übernahmen den Transport zum Parkplatz an der L 211.
Der Patient wurde um 23.45 Uhr vom bereitstehenden Rettungswagen aufgenommen und unter Notarztbegleitung ins Kreisklinikum Reutlingen Am Steinenberg transportiert.

 

Eingesetzte Kräfte
Höhlenretter ca. 30 Kräfte
Freiw. Feuerwehr Grabenstetten 15 Einsatzkräfte
Rettungsdienst 6 Einsatzkräfte, davon 1 NA
DRK-Bereitschaft Bad Urach 11 Einsatzkräfte
Bergwacht Bad Urach 9 Einsatzkräfte
Freiw. Feuerwehr Bad Urach 1 Einsatzkraft
Polizei 4 Beamte
Stv. Kreisbrandmeister 1 Einsatzbeamter
-----------------------------------------------------------------------------------------
Gesamt 77 Einsatzkräfte


Einsatzleitung

Es wurde eine gemeinsame Einsatzleitung gebildet:
Feuerwehrkommandant Andreas Müller Grabenstetten
Stv. Rettungsdienstleiter Markus Metzer, Bad Urach
Leiter Höhlenrettung, Matthias Leyk
Polizeiposten Bad Urach, POK Siegler


Einsatzende

Die Aufräumungsarbeiten dauerten noch bis nach 01.00 Uhr an.
Das verschmutze Material der Höhlenretter wurde mit einem Transportfahrzeug der Feuerwehr Reutlingen von der Einsatzstelle abgeholt und zur Feuerwache Reutlingen verbracht. Im Laufe des Tages können die Höhlenretter ihr Gerät in der Waschhalle der Feuerwehr Reutlingen reinigen.


Bemerkungen Der Einsatz verlief reibungslos und koordiniert. Die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Hilfsorganisationen war sehr gut.

Freiwillige Feuerwehr Grabenstetten

Freiwillige Feuerwehr Bad Urach

Landkreis Reutlingen

weitere Hilfs- und Rettungsorganisationen