Verkehrsunfallbilanz 2010
Landkreis Reutlingen
Weniger Verkehrsunfälle mit Personenschaden, dafür aber schwerere Verkehrsunfälle mit mehr Verkehrstoten und Schwerverletzten – dies ist die Verkehrsunfallbilanz 2010 der Polizei im Landkreis Reutlingen.
Die Polizei verzeichnete im vergangenen Jahr insgesamt 7.646 Unfälle im Landkreis Reutlingen, ein Plus von 130 Verkehrsunfällen gegenüber dem Jahr 2009. Die Zunahme von 1,7 % ist jedoch ausschließlich auf Karambolagen mit Blechschäden, insbesondere durch die winterlichen Straßenverhältnisse im Februar und März sowie im Dezember des vergangenen Jahres, zurückzuführen, während die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschäden sogar eine rückläufige Tendenz aufweist. Dank eines Rückgangs um 63 Unfälle (- 6,3%) sank die Gesamtzahl auf 939 Verkehrsunfälle mit Verletzten.
Während 2008 noch 16 Menschen auf den Straßen des Landkreises ihr Leben verloren und im Jahr 2009 neun Menschen starben, war im vergangenen Jahr wieder ein Anstieg auf 13 Unfalltote zu beklagen. Bei den tödlich Verletzten handelt es sich um sieben Pkw-Insassen, davon fünf Fahrer, drei Motorradfahrer, zwei Fußgänger und einen Fahrer eines Krankenrollstuhls.
Die Zahl der Schwerverletzten ist im vergangenen Jahr bedauerlicherweise um 20 % von 180 auf 216 angestiegen. Trotz dieser deutlichen Zunahme liegt die Zahl der Schwerverletzten immer noch unter dem Durchschnitt der vergangenen 10 Jahre.
Positiv hingegen fällt die Betrachtung der Verkehrsunfälle mit Leichtverletzten aus. Die Zahl dieser Unfälle ging gegenüber 2009 von 838 um 97 auf 741 Verkehrsunfälle zurück, was einen Rückgang um 11,6 % darstellt. Dabei wurden 999 Menschen leicht verletzt, was einem Rückgang von 114 Verletzten oder 11,8 % entspricht.
Die Hauptunfallursachen sind seit Jahren nahezu unverändert. Bei 687 Unfällen lag ein Fehler beim Abbiegen, Wenden oder Rückwärtsfahren vor, gefolgt von 567 Vorfahrtsunfällen. Insgesamt 530 Unfälle passierten wegen nicht angepasster Geschwindigkeit und Fehler beim Überholen. Aber bei zwei Drittel der Unfälle mit schweren Folgen ist Geschwindigkeit die Unfallursache Nummer eins. Auf Alkohol und Drogen waren 170 Verkehrsunfälle zurückzuführen.
Die Entwicklung der Alkoholunfälle im Landkreis Reutlingen verläuft in einem stetigen Gefälle, wobei jeder Unfall unter Alkoholeinwirkung immer noch einer zu viel ist. So halbierte sich die Zahl der Alkoholunfälle in den letzten 15 Jahren von 264 Unfällen im Jahr 1995 auf nunmehr 134 Verkehrsunfälle im Jahr 2010. Im Vergleich zum Jahr 2009 war allerdings nur ein leichter Rückgang um sechs Unfälle zu verzeichnen. Bei Unfällen mit Personenschäden spielte Alkohol bei 49 Unfällen (Vorjahr 59) seine unheilvolle Rolle. Unter Drogeneinfluss standen zehn Unfallverursacher, drei weniger als im Vorjahr.
Junge Erwachsene im Alter zwischen 18 und 24 Jahren waren 2010 in 748 Unfälle verwickelt, 40 weniger als im Vorjahr. Diese jungen Verkehrsteilnehmer waren wie auch im Jahr 2009 im Vergleich zum Bevölkerungsanteil, der bei etwa 8 % liegt, mit 25 % und sogar rund 33 % bei Verkehrsunfällen mit Personenschaden wieder überproportional häufig am Verkehrsunfallgeschehen beteiligt. Auch drei Unfalltote waren dieser Altersgruppe zuzurechnen. Während die Zahl der Schwerverletzten im Alter zwischen 18 und 24 Jahren um 15 auf insgesamt 67 anstieg, war bei den Leichtverletzten dieser Altersgruppe ein Rückgang um 28 auf nunmehr 394 Personen zu verzeichnen. Hauptunfallursachen bei den jungen Erwachsenen waren wieder mal nicht angepasste Geschwindigkeit und ungenügender Sicherheitsabstand.
Die Gesamtentwicklung der Unfälle, an denen Kinder bis 13 Jahre beteiligt sind, hat sich im Vergleich zum Vorjahr positiv entwickelt. Hier gingen die Unfallzahlen von 109 im Jahr 2009 auf 96 im vergangenen Jahr, also um fast 12 % zurück.
Bedauerlicherweise wurde die ansonsten günstige Unfallentwicklung durch einen tragischen Unfall getrübt, der sich Mitte März 2010 bei Trochtelfingen ereignet hat und bei dem ein 12 Jahre alter Junge auf dem Beifahrersitz eines Personenwagens sein Leben verlor. Außerdem wurden bei den insgesamt 96 Verkehrsunfällen 19 Kinder schwer verletzt, sieben mehr als im Vorjahr. Die Zahl der leicht verletzten Kinder ist demgegenüber von 98 auf nunmehr 81 erheblich gesunken.
Die Zahl der klassischen Schulwegunfälle von Kindern im Alter zwischen sechs und dreizehn Jahren ging von 15 auf 12 zurück und liegt damit auch im Langzeitvergleich der letzten zehn Jahre auf dem zweitniedrigsten Platz. Erfreulicherweise wurde wie auch im Vorjahr dabei kein Kind getötet.
Die Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Fußgängern waren im vergangenen Jahr mit 83 leicht rückläufig. Wie schon im Vorjahr mussten auch im vergangenen Jahr wieder zwei Fußgänger ihr Leben im Straßenverkehr lassen. Schwere Verletzungen trugen 19 Fußgänger davon, acht mehr als im Vorjahr.
Eine recht positive Entwicklung gab es bei den Radfahrunfällen. Im Jahr 2010 wurden 214 Unfälle dieser Kategorie registriert, 47 weniger als im Vorjahr. Auch bei den Verletzten war ein Rückgang von 233 auf 192 Radfahrer/innen zu verzeichnen.
Auch die Zahl der Unfälle mit motorisierten Zweiradfahrern hat sich im Jahr 2010 verringert. Im Landkreis ereigneten sich 205 Unfälle, das sind 13 (-6 %) weniger als noch im Jahr zuvor. Es verunglückten jedoch wieder drei Motorradfahrer tödlich. Während die Zahl der schwer verletzten Kradfahrer von 51 auf nunmehr 49 nur geringfügig abnahm, sank die Anzahl der leicht verletzten Zweiradfahrer von 140 auf 121, was einem Rückgang von 13,5 % entspricht.
Die Verkehrsunfallfluchten stagnieren mit 1.383 Verkehrsunfällen, 21 weniger als im Vorjahr, auf sehr hohem Niveau, schließlich entzieht sich bei jedem 6. Verkehrsunfall auf den Straßen des Landkreises einer der Beteiligten seiner Verantwortung.
Bei 53 Verkehrsunfällen machte sich ein Beteiligter aus dem Staub, ohne sich um Verletzte zu kümmern. Auch die Bilanz im Vergleich zum Vorjahr mit noch 78 Fällen kann dabei alles andere als positiv bewertet werden.
Unfallflucht lohnt sich jedoch nicht: Obwohl es sich häufig um so genannte „Parkrempler“ in Tiefgaragen, Parkhäusern oder auf Parkplätzen mit zum Teil geringen Blechschäden handelt, konnte die Polizei 467 Verkehrsunfallfluchten aufklären, was einem Anteil von knapp 34 % entspricht. Bei den Unfallfluchten mit Personenschaden ist die Aufklärungsquote auch dank der hierfür bei der Reutlinger Polizei eingerichteten speziellen Ermittlungsgruppe mit fast 70 % sogar mehr als doppelt so hoch.
Bei den im Kreis durchgeführten Polizeikontrollen wurden im Jahr 2010 insgesamt 393 Fahrer ermittelt, die unter Alkoholeinwirkung standen. Davon waren 220 Fahrzeugführer mit einem Promillegehalt von 1,1 Promille und mehr absolut fahruntüchtig. In 167 Fällen beschlagnahmte die Polizei den Führerschein betrunkener Fahrer gleich an Ort und Stelle.
Weitere 84 Fahrer wurden angezeigt, weil sie unter Drogeneinfluss ein Fahrzeug steuerten.
Weiterhin mussten im vergangenen Jahr 1.980 Fahrzeugführer zur Rechenschaft gezogen werden, weil sie den Sicherheitsgurt nicht angelegt hatten.
Außerdem ertappte die Polizei 14.362 Temposünder, von denen 3.459 über 20 Stundenkilometer zu schnell unterwegs waren, was regelmäßig eine Ordnungswidrigkeiten-Anzeige und Punkte in der Verkehrssünderdatei in Flensburg zur Folge hatte. Auf 451 Raser kam zusätzlich auch noch ein zum Teil mehrmonatiges Fahrverbot zu.
Neben der flächendeckenden Verkehrsüberwachung sollen auf spezielle Zielgruppen maßgeschneiderte Präventionsangebote helfen, die Unfallzahlen – und hierbei insbesondere die schweren Unfallfolgen - zu senken.
Speziell auf die Risiken und Bedürfnisse älterer Verkehrsteilnehmer abgestimmt wurde im vergangenen Jahr mit dem Sicherheitstag „50 Plus“, der im April 2010 in Münsingen stattfand, und dem sich daran anschließenden Kursangebot Neuland in der Verkehrssicherheitsarbeit im Landkreis Reutlingen betreten. Die gut besuchten Kurse zielen darauf ab, die ganz speziellen Risikofaktoren, die jede Altersgruppe aufweist, zu minimieren und damit die für Senioren gerade auf dem Land so wichtige Mobilität zu erhalten.
In diesem Jahr will die Polizei gemeinsam mit der Verkehrswacht Reutlingen-Münsingen und zahlreichen anderen Institutionen und Partnern mit dem nach 2009 nunmehr zweiten Motorradsicherheitstag am 15. Mai 2011 auf dem Bongertwasen in Metzingen die motorisierte Zweiradfahrer auf das hohe Risiko und die besonderen Gefahren aufmerksam machen und dabei zugleich Freude am sicheren Fahren vermitteln.