Kreisfeuerwehrverband Reutlingen

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Rufbereitschaft bestimmt das Leben

von GEA Reutlingen

Feuerwehr - Aus ehren- wurde hauptamtlicher Kreisbrandmeister: Wolfram Auch folgt Walter Herrmann nach
Rufbereitschaft bestimmt das Leben

VON HANS A. LASSLOB

 

REUTLINGEN/PFULLINGEN. Die gemeinsame kollegiale Basis macht möglich, was von außen besehen ziemlich widersprüchlich wirken könnte: In der Funktion des Kreisbrandmeisters treffen sich Aufsichts- und Beratungsaufgaben. Und bis 2009 musste dieser Aufsichtführende von den Kommandanten der Wehren, von denen also im Amt bestätigt werden, die er zu »beaufsichtigen« hatte. Und er verteilte auch noch die Mittel, die das Land für den Brandschutz bereitstellt an den einzelnen Orten.

Diese nicht immer einfache Kombination hatte bis Anfang dieses Monats noch Walter Herrmann (Reutlingen, 65 Jahre) zu bewältigen - und zwar ehrenamtlich. Freilich war er auch hauptberuflich beim Landratsamt - Sitz und Träger der Stelle - für den Brandschutz zuständig. Erst jetzt, mit seinem Nachfolger Wolfram Auch (Pfullingen, 49 Jahre) fallen die beiden Aufgaben sozusagen zusammen, Auch ist nun hauptamtlicher Kreisbrandmeister und benötigt künftig nicht mehr die Zustimmung der Kommandanten vor Ort, die den Kreisbrandmeister bisher alle fünf Jahre im Amte bestätigen mussten.

»Nirgendwo aber wird der Brandschutz, wird die Wehr vernachlässigt« §§ In Deutschland ist der Brandschutz Aufgabe der Gemeinden, sodass die Freiwilligen Feuerwehren als Behörden und als Teil der Gemeindekörperschaften zu gelten haben; ihr »Dienstherr« ist der jeweilige Bürgermeister. Diese deutsche Regelung ist ziemlich einmalig und hat eine nutzbringende Nähe zur Folge, denn vor Ort lassen sich sowohl die Bedeutung als auch die Bedürfnisse der Feuerwehr unmittelbar einschätzen und erkennen.

Auf diese Weise gibt es zwar von Ort zu Ort durchaus Unterschiede in der Finanzkraft, aber auch im Stellenwert wie in der Wertschätzung der Wehren, hat Herrmann in neunzehn Kreisbrandmeister-Jahren gesehen. »Nirgendwo aber wird der Brandschutz, wird die Wehr vernachlässigt«; schon gar nicht in Baden-Württemberg.

Etwa siebzig Prozent der Zuschussanträge würden hier erfüllt, so Herrmann, auch wenn es manchmal bis zu fünf Jahre dauern könne. An der allgemeinen und gegenseitigen Wertschätzung liege es wohl auch, dass sich die Funktionen des Kreisbrandmeisters, dass sich Aufsicht, Beratung (der Wehren wie der Brandschutz-Finanziers) und Mittel-Vergabe in der Praxis eher ergänzen als sich widersprächen.

§§ »Einfach haben es die Wehren bei aller Wertschätzung freilich nicht immer«   Wolfram Auch hat sich, wie Herrmann, schon als Jugendlicher zur Wehr hingezogen gefühlt. Beide haben zahlreiche Ausbildungen und Prüfungen absolviert und sind den Weg vom Jungfeuerwehrmann über den mittleren und den gehobenen Dienst gegangen.

Sie haben am Gerät und in leitender Funktion viele Einsätze »gefahren« - alles parallel zum Brotberuf als Maschinenbautechniker (Herrmann) oder Betriebswirt der Fertigungswirtschaft (Auch). Und so irritiert Herrmann am Ruhestand jetzt schon am meisten, dass er keine Rufbereitschaft mehr hat; denn die, bestätigt Wolfram Auch, bestimmt das Leben eines Feuerwehrangehörigen sehr intensiv.

Zwar ist der Posten des Kreisbrandmeisters weitgehend von Verwaltungsarbeit bestimmt - weshalb er auch bis zum 65. Lebensjahr arbeiten muss, aktive Wehrleute gehen mit 60 in den Ruhestand - in seiner Eigenschaft als Koordinator gilt die Rufbereitschaft aber auch für ihn, bei einem Großeinsatz könnte er qua Amt sogar die Einsatzleitung an sich ziehen. Das ist so gut wie immer Theorie, denn es sei in der Regel einfach sinnvoll, dass der Ortskommandant die Leitung innehat: Der kennt sich aus.

Und dann ist da ja noch die Berufsfeuerwehr der Stadt Reutlingen. An sich ist der Kreisbrandmeister für die Freiwilligen Wehren zuständig, weil aber Reutlingen Kreisstadt und nicht kreisfrei ist, fällt auch die Berufsfeuerwehr in die Zuständigkeit des Landesbeamten in der Schulstraße 26, wo der Kreisbrandmeister sein Büro hat. »Einfach haben es die Wehren bei aller Wertschätzung freilich nicht immer«, wissen die beiden Experten, und haben auch Beispiele dafür parat. Mancher Arbeitgeber sieht seine Mitarbeiter nur höchst ungern zum Löscheinsatz entschwinden. Und die Schwerpunkte der Feuerwehr-Arbeit verschieben sich: Gefahrgut bergen, technische Hilfe bei Unfällen, sogar das Öffnen von Wohnungen im Notfall stehen immer häufiger an.

Das Löschen von Bränden macht heutzutage gerade noch 25 Prozent der so wichtigen Aufgaben der Feuerwehren aus. (GEA)