Kreisfeuerwehrverband Reutlingen

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Was ist, wenn was passiert?

von Generalanzeiger Reutlingen

Feuerwehr - Führerscheinausbildung durch eigene Kräfte stößt in Reutlingen auf wenig Gegenliebe. Kommandant warnt: Hier wird am falschen Ende gespart

Was ist, wenn was passiert?

VON HOLGER DAHLHELM

REUTLINGEN. Die Leute der Feuerwehr müssen mit ihren schweren Einsatzfahrzeugen perfekt umgehen können, wenn es Brände zu löschen, Umweltgefahren zu bannen oder Menschen zu retten gilt und jede Sekunde zählt. In wochenlangen Ausbildungen lernen sie, die Geräte an Bord zu bedienen, beispielsweise Pumpen oder maschinell angetriebene Leitern. Den Führerschein für Lastwagen aber müssen sie zuvor bei einer privaten Fahrschule machen - und das ist gut so, sagen Kommandant Harald Herrmann und Vize Dr. Georg Belge.
Europäisches Recht

Das Bemühen der Bundespolitiker, die Schulung der Nachwuchskräfte durch einen »Feuerwehrführerschein« und internen Fahrunterricht zu erleichtern, stößt bei den Praktikern auf wenig Gegenliebe. »Hier wird am falschen Ende gespart«, sagt Herrmann. Wer den ehrenamtlichen Dienst fördern wollte, fände weit bessere Möglichkeiten - beispielsweise durch eine Zusatzrente.

Eine Gesetzesnovelle soll es Feuerwehren und anderen Rettungsdiensten erlauben, Fahrer für Wagen bis zu 7,5 Tonnen selbst zu schulen. Damit werde die Einsatzbereitschaft sichergestellt, freut sich der Reutlinger CDU-Abgeordnete Ernst-Reinhard Beck, der sich für die Regelung stark gemacht hat: Durch EU-Recht gilt der Autoführerschein B ja nur noch bis 3,5 Tonnen. Wer größere Fahrzeuge lenken soll, muss von Herbst an - dann läuft die Übergangsregelung aus - wenigstens die Lizenz C1 vorweisen; noch schwerere Lastwagen erfordern die Stufe C, mit Anhänger CE.

Überall genug Fahrer

Bei der Reutlinger Berufsfeuerwehr haben längst alle 60 Leute passende Führerscheine. Aber auch unter ihren freiwilligen Kollegen in Kernstadt und Vororten sind genug qualifizierte Fahrer, wissen Harald Herrmann und Georg Belge: in der Kernstadt 31, in Betzingen 22, selbst im kleinen Altenburg acht.

Den nötigen Führerschein erworben haben die Männer auf unterschiedlichen Wegen, die einen bei der Bundeswehr, die anderen als Feuerwehrleute - aber bei einer Fahrschule. Erst dann können sie nämlich an den weiterführenden Lehrgängen teilnehmen, die sie für den Umgang mit Lösch-, Leiter- und Spezialfahrzeugen fit machen und zu Maschinisten für die unterschiedlichsten Aufgaben, je nach Einsatzgebiet.

Die Kosten für Unterricht und Prüfung trägt die Stadt, abzüglich eines Eigenanteils von 500 Euro: »Den Führerschein kann ja jeder auch privat nutzen.« Pro Jahr gehen im Schnitt zehn Leute in die Fahrschule, rechnet Georg Belge vor. Langfristige Ausbildungspläne sorgen dafür, dass immer genug Fahrer/Maschinisten verfügbar sind. Selbst bei der sehr großen Reutlinger Wehr (400 Freiwillige, 60 Berufsfeuerwehrleute) halten sich die Kosten also in Grenzen. Herrmann ergänzt: »Wenn wir auf kleine Gemeinden blicken, bewegen wir uns bei 2 000 bis 3 000 Euro pro Jahr.«

Selbst Fahrschule zu halten, dazu habe die Feuerwehr weder in der Stadt noch auf dem Land die richtigen Leute übrig, gibt er zu bedenken. Auch nicht unbedingt die richtigen Lastwagen; denn die Einsatzfahrzeuge sind für Anfänger zu kompliziert und sehr teuer. Natürlich müssen sie trotzdem für die weitere Ausbildung herhalten; schließlich sollen die Leute lernen, sie selbst in schwierigsten Situationen sicher zu bedienen, oft verantwortlich für eine ganze Mannschaft an Bord.

Mit ihm nicht

»Eine Schmalspurausbildung«, sagt der Kommandant, kann es nicht geben, wenn die Fahrer der extremen Belastung gewachsen sein sollen. Denn: »Was passiert, wenn was passiert? Dann kommt zuerst die Frage, ob der Fahrer wirklich gut genug geschult war oder ob nicht ein anderer besser geeignet gewesen wäre, das Fahrzeug zu lenken. Dann möchte ich nicht verantwortlich sein«, fügt Harald Herrmann hinzu. »Unter meiner Leitung wird es das in Reutlingen nicht geben.« (GEA)

 

Bildquelle:Gea Reutlingen